In Gott gibt es nicht männlich noch weiblich – das hören wir heute in der Lesung in den katholischen Kirchen. In Gott werden die Unterschiede aufgehoben – und für alle Menschen gilt ohne Unterschied seine Verheißung.


Die Worte des Briefes an die Galater sind fast 2000 Jahre alt und haben an ihrer Gültigkeit nichts verloren: Das Göttliche, die göttliche Gegenwart, das Wesen, das wir Gott nennen – ist über menschliche Kategorien erhaben. Kein Mann hat eine Frau erschaffen, auch keine Frau einen Mann – sondern Gott hat erschaffen und übersteigt in seinem Wesen die Schöpfung selbst.


Dieser philosophisch-theologische Grundsatz wird auch heute noch gerne vergessen: Manch einer meint, Berufungen und Begabungen müssten in die Korsette menschlichen Denkens passen. Wer so denkt, meint, er könne den Geist daran hindern, zu wehen, wo er will. Der Wind jedoch – Symbol der Gegenwart Gottes – lässt sich nicht einsperren, ebenso wenig wie der Geist.


Die Frage, die sich deswegen alle Glaubenden stellen dürfen, ist die: Worin liegen meine Begabungen und wo kann ich diese umsetzen? Die Frage ist hierbei nicht: Welches Korsett wird mir in der irdischen Welt angeboten – sondern worin besteht vor Gott mein persönlicher, himmlischer Auftrag mit Blick auf diese Welt? Korsette – lassen sich nicht leicht verändern, denn manche Moden halten sich Jahrzehnte – man denke an Jeans oder Krawatten. Jedoch – niemand kann das schöpfende, göttliche Wesen daran hindern, Menschen Kraft und Gaben zu schenken. In ihnen selbst entfalten sich so die Naturgesetze seiner Schöpfung: Zur richtigen Zeit am richtigen Ort entfalten Berufene die Kraft, die das göttliche Wesen ihnen geschenkt hat, um an seinem Reich zu wirken – ein Reich, in dem gilt: In Gott gibt es weder Herrscher noch Sklaven, weder männlich noch weiblich – denn in Gott ist alles eins (vgl. GAL 3,28).

Christiane Kuropka

Bild: Glaskunstwerk “L’Or – Zum Licht” von Rene Blättermann/ DERIX GLASSTUDIOS (Olaf Hanweg) – St. Lamberti-Kirche (Münster)

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