Vor Kurzem war es wieder soweit: Epheser 5, 21-33 wurde in den Kirchen verlesen, der Brief, den vermeintlich der Apostel Paulus an die Epheser geschrieben haben soll, im ersten Jahrhundert nach Christus. Das ist lange her. Aktuell verlesen wird in den katholischen Kirchen dennoch: „Ihr Frauen, ordnet euch euren Männern unter wie dem Herrn; denn der Mann ist das Haupt der Frau, wie auch Christus das Haupt der Kirche ist“. Manch einer könnte sagen, dass sich die Zeiten eben ändern, dass die Vorstellung, wie Männer und Frauen heute zusammenleben, eben 1.900 Jahre später eine andere sei und der Text so zwar ein Ärgernis, aber eben Teil der Kirchengeschichte.

Dies greift jedoch zu kurz – die Frage ist vielmehr: Wer ist Christus? Gemäß dem Konzil von Calcedon im Jahr 451 gilt bis heute der Glaubenssatz, Christus sei sowohl ,ganz Gott‘ als auch ,ganz Mensch‘.

Vor diesem Hintergrund sagt der Vergleich „Der Mann ist das Haupt der Frau, wie auch Christus das Haupt der Kirche ist“ etwas völlig Unmögliches aus. Er beinhaltet den Anspruch, sein zu wollen wie Gott – das bedeutet in der biblischen Schöpfungsgeschichte den Sündenfall des Menschen. Das Streben danach, an die Stelle des Höchsten treten zu wollen, an die Stelle des Wesens, das erschafft, seine Schöpfung webt und durchweht, das zum Herzen eines jeden Menschen spricht – an dessen Stelle treten zu wollen, bedeutet, sich zu überheben und nicht nur das, es ist der Ausgangspunkt einer Störung der göttlichen Ordnung, die man als „Sünde“ bezeichnet.

Der Advent kann eine Zeit des Aufräumens dessen sein, was in uns ungeordnet und unheil ist. Eine mögliche Frage dabei ist, wo in unserem Leben die Ordnung des Hinhörens auf Gott gestört ist – wer oder was hat sich an seine Stelle gestellt, geschoben oder uns so unterworfen, dass wir bewegungsunfähig und daran gewöhnt werden, jemanden oder etwas wie Gott zu behandeln – obwohl ihm oder ihr dieser Platz gar nicht zusteht?

Gott als oberste Instanz im Leben – das ist eine Perspektive, die Freiheit schaffen kann aus Verstrickungen, aus dem, was uns nicht länger gut tut und was wir ändern wollen – und vor Gott ändern dürfen, sogar ändern müssen, damit ein Leben in seiner Fülle möglich wird.

Christiane Kuropka

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