Mutter und Kind geht es gut – beide lachen: Das Kind greift nach dem Tuch der Mutter und in aller Sicherheit, die ihre Gegenwart ihm bietet, lehnt es sich weit zurück: „Madonna der Freude“, so wird die Figur in der Ludgeri-Kirche hier in Münster genannt – und so, wie sich das Kind ausstreckt, könnte man fast  meinen, dass es vorhin noch juchzend in die Luft geworfen und von seiner Mutter aufgefangen worden ist – und nun liegt es dort, in ihren sicheren Armen.

Was zeigt uns das Bildnis einer Madonna bis heute? Gottes Weg in die Welt ist der durch den Körper einer Frau: Durch eine Schwangerschaft, durch eine Gebärmutter, deren Schleimhaut sich zu diesem Zweck jeden Monat erneuert hat. Es war der Weg durch den Geburtskanal hindurch, durch eine Fruchtblase, durch Schleim, durch Blut und alles, was dazugehört – hinein in die Welt und als erstes in die Arme der Mutter, in die Arme einer Frau.

Diese Weiblichkeit, die Gott als Weg gewählt hat, sie ist es, für die Frauen bis heute verachtet werden. Sie können in manchen afrikanischen Ländern nicht die Schule besuchen, weil das Menstruationsblut stigmatisiert, weil sie in ihrer Intimität verachtet oder lächerlich gemacht werden, wenn sich blutende Flecken auf ihrer Kleidung abzeichnen – so lernen sie, aus Scham, weniger als die gleichaltrigen Jungen, die konstant die Schule besuchen können, deren wertender Blick sie jedoch in ihre Häuser verbannt.

Das Menstruationsblut, ihm ist in der Geschichte alles mögliche Negative zugeschrieben worden – eine Mutter zu werden, das bedeutete lange, zunächst ein Ritual über sich ergehen lassen zu müssen, ehe man wieder normal an den Gottesdiensten teilnehmen durfte – ein Ritual, das selbstverständlich ein Mann vornahm.

Frauen, sie werden über all das hinaus bis heute für ihre Körperlichkeit verantwortlich gemacht, erfahren allerlei Zuschreibungen, für die Sichtbarkeit ihrer Weiblichkeit, sei es durch das Abzeichnen der Figur oder Unbedecktheit – und ebenso für die Abwesenheit des ‚typisch‘ Weiblichen: eine flache Brust, dem im Gegensatz grauen, schwindenden Haar oder Kinderlosigkeit – und so entglitt selbst dem herzlichen Papst Franziskus die Metapher der unfruchtbaren Frau oder Großmutter als Bild für negative Situationen.

Der Muttertag im Marienmonat Mai darf uns daran erinnern, dass es das Wesen Gott ist, das das Weibliche geschaffen hat, es bejaht hat und dessen Blick es niemals und in keiner Form verachtet oder ausschließt, ganz im Gegenteil: Die Weiblichkeit, sie ist Gottes Weg, der Welt und den Menschen in ihr nahe zu kommen. Keine Frau ist von Gott weniger geachtet, weniger gewollt, weniger geliebt, noch weniger gehört als jeder andere Mensch: Einer Frau hat Gott sich als erstes in dieser Welt anvertraut. Als Kind, nicht als Mann, ist Gott zur Welt gekommen. Ihre Weiblichkeit, ihre schützende Kraft, ihre Worte, die dem Jesuskind die Sprache gaben, es war die erste Ansprache, die Gott bei den Menschen suchte.

Kinderlosigkeit: Sie macht eine Frau nicht zu einer „Nicht-Frau“ und Unfruchtbarkeit eine Oma nicht zu einem weniger wertvollen Menschen. Zu geistiger Unfruchtbarkeit führt nur, was den Weg Gottes verachtet: Die Absage an Frauen weil sie Frauen sind, die Verachtung ihres Seins, das Absprechen ihrer Sprach- und Entscheidungsfähigkeit, ihres Rechtes, gesehen, geachtet, gehört und darin respektiert zu werden: Sie führt zu einer Unfruchtbarkeit der Gesellschaft, zu Angst, Mangel und Gewalt, sie führt zu geistiger Taubheit, zu geistiger Blindheit und dem Verlust dessen, was Mütter gemeinhin ihren Kindern als erstes mitgeben: der Sprachfähigkeit.

Fragen wir uns also gerade heute, wo wir selbst keine Achtung vor dem haben, was Frausein bedeuten kann – in all seinen Formen: In XS und XXL, in A und Doppel-D, in Bedecktheit und Nacktheit, in Schweigen und Sprechen, im Dienen und Herrschen, in Kinderfülle und Kinderlosigkeit –  und wo wir selbst etwas dafür tun können, dass das, was Gott bejaht hat, nicht an anderer Stelle verneint wird, für das, was es ist: Eine Form des Menschseins, dem das Menschliche und damit die Würde der Person nicht abgesprochen werden darf – in keiner ihrer Formen.

Christiane Kuropka

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