Vor Monaten traf ich eine Frau, die zuhörte, Anteil an mir nahm, ungefragt, einfach so. Ich bedankte mich bei ihr, denn sie hatte mir einen Resonanzraum geschenkt, für meine Pläne, meine Fragen. Da wandte sie sich lächelnd zur Seite, sah ihren Mann an, der neben ihr saß, und sagte zärtlich: „Er ist mein Resonanzraum.“ Die liebevolle Zuwendung des Paares drückte aus, welcher Sinn durch gute Beziehungen schwingt: Füreinander da zu sein, einander nicht zu erdrücken, sondern einer dem anderen liebevoll Raum zu schaffen gerade deshalb, weil wir uns selbst nicht verleugnen, sondern ganz und gar präsent sind für die Schwingungen des anderen und er für unsere.

Der Valentinstag ist damit ein besonderer ,Schwingungstag’: Er ist eine gute Gelegenheit, um einander zu zeigen, was wir uns gegenseitig bedeuten und zu signalisieren, dass wir füreinander da sein wollen. Ob durch Blumen, einen selbstgeschriebenen Brief oder eine schöne Unternehmung – es ist die Gelegenheit, einander deutlich zu machen, dass wir einander kennen und anerkennen – als Partner und Partnerin, jeweils als den Menschen ,Nr. 1‘ in unserem Leben, als den oder die, mit dem oder der wir tief verbunden sind, und mit dem wir es auch weiterhin sein wollen.

In diesem Jahr fällt der Valentinstag auf den Aschermittwoch und so widersprüchlich diese Anlässe scheinen, so sind sie doch eng verwandt: Die Fastenzeit ist die Zeit, in der wir klar Schiff machen können in einer Beziehung, die so subtil, so unmerklich sein kann – die Beziehung zu Gott. Hier entfallen die Sinneseindrücke, die wir zwischen Menschen gewohnt sind: Ein Gesicht, das wir sehen können, einen Körper, den wir berühren und riechen können, eine Stimme, die in unseren Ohren widerhallt.

Durch das Fasten, im Allgemeinen auf solches, das im Leben ,zu viel‘ geworden ist und auf Suchtmittel im Besonderen, durch die gezielte Reduktion von Sinneseindrücken, die innere Regungen überdecken und unterdrücken können, dürfen wir neu hinhören, hinsehen und hinfühlen: Es eröffnet sich ein leerer Raum in uns, in dem das, was wir sonst verdrängen, hörbar werden kann: Unsere Sehnsucht nach Sinn, nach Glück, nach Erfüllung, nach einem sinnvollen und guten Leben.

Während Menschen füreinander unverzichtbare Begleitende sein können, ist Gott das Wesen, das alle zwischenmenschliche Begegnung umfasst und Urgrund und Ziel allen Lebens ist. Kein Mensch kann uns auf den Kopf zusagen, für welche Lebensziele wir konkret geschaffen sind, Gott hingegen weiß um uns und kann jedem Menschen Antwort geben. Er kennt unsere Hindernisse und das, was wir sogar vor uns selbst gerne verschweigen würden, er weiß um unsere Wunden.

Ordnungsbedarfe, Sehnsüchte, Wachstumswünsche – um diese wahrzunehmen und offen zu werden für den, der uns Leben schenken und Antwort geben möchte auf das, was wir im tiefsten sind und brauchen, gibt es die Fastenzeit: Sie ist ein leerer Raum, in dem wir unseren tiefen, im Alltag kaum hörbaren Tönen nachspüren können – und aufmerksam lauschen dürfen auf die Resonanz des göttlichen Wesens, auf seine liebevolle Antwort, die so individuell sein kann wie jeder einzelne Mensch und letztlich auch nur von jedem einzelnen Menschen selbst interpretiert werden kann.

Das Aschekreuz am Mittwoch zu Beginn der Fastenzeit drückt so eine Einladung aus: Wollen wir mit Gott und damit auch mit uns selbst, die wir für diese Beziehung authentischste Präsenz zeigen müssen, eine Beziehung eingehen? „Bedenke Mensch, dass du Staub bist und zum Staub zurückkehrst“, so heißt es in den Gottesdiensten. Es geht also um Leben und Tod, um Sein oder Nicht-Sein. Modern übersetzt könnte man sagen: Mach Dir klar, wer Du bist – und lass zu, zu werden, wer Du vor Gott und in all Deinen Beziehungen sein könntest  – heute – und nicht erst, wenn Du es zutiefst bereust, nicht tatsächlich gelebt zu haben!

Christiane Kuropka

X