„Wer sein Kreuz nicht auf sich nimmt und mir nachfolgt, der ist Meiner nicht wert“, spricht Jesus im Evangelium (Mt 10,38). Was  soll das heißen? Lange war ich geneigt, es ganz traditionalistisch zu interpretieren: Jesus beruft seine Jünger zur Armut, also musste das Bild des Kreuzes etwas Schweres, Unangenehmes sein, mindestens Askese, etwas Hartes, das man sich selbst aussucht, um Gott zu gefallen, wie ein Verzicht, der keinen Spaß macht –  nichts Schönes, nichts Leichtes, nichts Unbeschwertes: Ein Kreuz.

Heute denke ich weiter. Denn ist nicht in jedes Leben – ein Kreuz eingezeichnet? Eine ganz eigene, für dieses eine Leben spezifische Schwere? Ein Leiden, ein Problem, das niemand anders so trägt, wie man sich selbst daran schleppt? Auch wenn jeder Mensch mal einen Schnupfen hat – um das Beispiel für ein Leiden zu nennen, das wir alle kennen: Fühlt es sich doch ganz anders an, hat man selbst die Nase voll und nicht die anderen.

Das eigene Empfinden und Tragen des Problems, es ist eine ganz eigene, anderen ähnliche, aber doch unverwechselbare Erfahrung.

Jesus sagt also: „Wer sein Kreuz nicht auf sich nimmt und mir nachfolgt, der ist meiner nicht wert“ – und bei diesem Kreuz geht es sicher um mehr als „nur“ eine Sommergrippe!

Doch wer ist Jesus, gemäß dem Evangelium? „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“, spricht er als Christus (Joh 14,6).

Der Weg ist Jesus also – ihn müssen wir gehen.

Die Wahrheit – wir müssen sie suchen.

Das Leben:

Es geschieht durch das Gehen, durch das Suchen: Durch eine innerliche Bewegung. Durch das Nicht-Stehen-Bleiben, auch nicht im Schweren, durch das Nicht-Aufgeben, durch das Sich-nicht-das-Leben-Nehmen: Sondern durch das Aufstehen, Gehen, Suchen – und wahrhaft Leben finden, Entwickeln und Wachsen.

Es kann schwer sein, aufzustehen, wenn ein „Kreuz“ auf einem Leben ruht. Wenn es schwer ist, ein Problem, ein Leiden, schier unüberwindbar und zu schwer, fast nicht mehr zu tragen, immer bei sich zu haben.

In diese Zeiten hinein spricht Jesus:

Steh auf!

Komm!

Geh los!

Denn wenn Du nicht – metaphorisch gesprochen – aufstehst und gehst, dann wirst Du mich, das Leben, nicht finden. Du wirst die Wahrheit über Dich nicht erfahren. Du wirst daran zugrunde gehen, dass Du nicht den Weg gegangen, die Wahrheit gesucht – und so auch nie das wahre, gute, glücklich-machende Leben gefunden hast.

Wenn Jesus also sagt, wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt, ist Meiner nicht wert, dann erwartet er nicht die Selbstkasteiung: Sich selbst ein Leid zu suchen und zu meinen, damit ein Kreuz zu tragen – das ist Hobby. Wer aber das Leiden annimmt, das in sein Leben eingezeichnet ist, trotzdem „aufsteht“ und „geht“ – der findet das Leben und damit zu seiner Würde zurück, die durch das Leiden bedrückt worden ist.

Jesus beschreibt mit seinen Worten also ein Naturgesetz: Denn wir können nicht leben, wenn wir uns von einem „Kreuz“ erdrücken, ausbremsen, klein, krank, stumm und gelähmt machen lassen – oder uns diese Lähmung selbst auferlegen, als Selbstverachtung. Wer so lebt, findet weder Wahrheit, noch Leben – und verpasst es damit, in einer ganz eigenen Weise mit Gott auf Tuchfühlung zu gehen.

Also…komm…steh auf, noch heute! Folge Deiner Sehnsucht und lass zu, das Bewegung in Dein Leben kommt, auf der Suche nach Mehr!

Christiane Kuropka

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